Starkregen und Risikomanagement
Mit dem Starkregen-Risikomanagement verfolgt die Stadt Erkelenz das Ziel, die Widerstandsfähigkeit der zentralen Stadt sowie der Dörfer bei Starkregen-Ereignissen zu erhöhen. Denn die Intensität von Wetterlagen steigt an, wie die Risikoanalyse der Klimawandelfolgen für das Erkelenzer Stadtgebiet belegt.
Starkregen
Als Starkregen bezeichnet man Niederschläge von mehr als 25 Millimeter pro Stunde oder mehr als 35 Millimeter in sechs Stunden. Starkregen entsteht häufig beim Abregnen massiver Gewitterwolken. Auch wenn keine Bäche oder andere fließende Gewässer in der Nähe sind, können bereits leichtere Hanglagen oder Mulden dazu führen, dass sich Wasser ansammelt und unter Umständen in Gebäude eindringt.
Starkregen und Kanalnetz
Bei Starkregen kann es besonders bei ebenen Straßen zu einem Rückstau im Kanalsystem kommen. Die Entwässerungskanäle sind auf übliche Regenmengen und nicht auf Sturzfluten ausgelegt. Daher können die Regenmassen bei Starkregen nur zum Teil über das Kanalsystem abgeführt werden. Der andere, oft erhebliche Teil der Regenmassen bahnt sich oberirdisch in meist unkontrollierter Weise seinen Weg über Straßen und Grundstücke. Auch dies führt oftmals zu Schäden an Bauwerken.
In Zukunft: mehr Starkregen
Aktuelle Klimamodellierungen zeigen, dass in Zukunft immer häufiger mit diesen Extremwetterereignissen zu rechnen ist. Bedingt durch den Klimawandel wird auch deren Intensität weiter zunehmen. Das heißt, dass in kürzester Zeit immer größere Wassermengen über die Stadt Erkelenz, die Dörfer und Felder abregnen. Besonders problematisch dabei ist, dass Starkregen meist lokal und punktuell auftritt und eine ortsgenaue Vorhersage oftmals schwierig ist.
Risikomanagement
Eine Herausforderung der kommenden Jahre ist, das Stadtgebiet auf die durch Starkregen verursachten Überschwemmungen und Sturzfluten vorzubereiten. Ein wesentlicher Baustein ist dabei herauszuarbeiten, an welchen Stellen im Stadtgebiet besondere Gefahren bei Starkregen bestehen und wie gravierend die Auswirkungen von Starkregenereignissen sein können.
Analyse: Datengrundlage
Die Stadt Erkelenz hat gemeinsam mit der Hydrotec Ingenieurgesellschaft für Wasser und Umwelt mbH Karten ermittelt, die genau zeigen, wo und wann Starkregenereignisse zu Überschwemmungen führen können und welche Gebiete besonders gefährdet sind. Grundlage der für Erkelenz das Stadtgebiet erfolgten Analyse ist ein digitales Geländemodell mit Höhenlinien und Angaben zu Gewässern, Deichen, Durchlässen und Stauräumen. Auch die Nutzung von Flächen mit der Rauheit von Oberflächen und eine dreidimensionale Ermittlung der Gebäude floss in das Geländemodell ein. Ebenso wurden Daten zu der Kanalisation und den Überstauganglinien berücksichtigt.
Das analysierte Untersuchungsgebiet umfasst dabei etwa 1.000 km² und beinhaltet neben dem Erkelenzer Stadtgebiet (rund 117 km²) auch Gebiete benachbarter Gemeinden. So ist es möglich, den "Weg des Wassers" genau zu dokumentieren.
Starkregen-Risikoanalyse
Die Starkregen-Risikoanalyse wurde am 26. Juni 2024 im Ausschuss für Bauen, Betriebe, Klimaschutz und Umwelt vorgestellt. Darin wurden für das Stadtgebiet Erkelenz verschiedene Starkregenszenarien unterschieden.
Die jeweiligen Auswirkungen auf die einzelnen Stadtgebiete mit zu erwartenden Überflutungshöhen sind in den Karten zu entnehmen.
Niederschlagsszenario 1: seltenes / 20-jährliches Ereignis mit 38 mm/qm über 1 Stunde (pdf)
Niederschlagsszenario 3: Extremes / Extrem- Ereignis mit 90 mm/qm über 1 Stunde (pdf)
Hinweis: Werfen Sie zunächst einen Blick auf die Übersichtskarten. Bis Mittwochnachmittag, 27. August, werden zahlreiche weitere Karten hochgeladen, aus denen Sie detaillierter entnehmen können, inwiefern die einzelnen Quadrate (1 bis 141) mit den Niederschlagsszenarien 1 bis 3 betroffen sind.
Ortskanalisation und extreme Niederschlagsmengen
Städte und Gemeinden sind gesetzlich dazu verpflichtet, das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser (Schmutz- und Niederschlagswasser) abzuleiten und zu beseitigen. Dies schließt unter anderem den Bau und das Betreiben der dazu erforderlichen Kanäle, Fließe, Gräben und mehr ein.
Wonach richtet sich die Leistungsfähigkeit des Kanalnetzes?
Die öffentliche Kanalisation ist darauf ausgelegt, dass sie mit „normalem“ Regen zurechtkommt. Fachleute sprechen von Bemessungsregen beziehungsweise häufig auftretenden Regenereignissen.
In Wohngebieten wurde das Kanalnetz früher beispielsweise so geplant, dass es sogenannte 2-jährliche Regenereignisse aufnehmen kann, das Kanalnetz entspricht damit geltenden Richtlinien (DIN-Normen). Das bedeutet, dass die Leistungsfähigkeit des Kanalnetzes darauf ausgelegt ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer Überschreitung der Leistungsfähigkeit bei 50 Prozent im Jahr liegt.
Für die meisten Abwasserkanäle in Erkelenz heißt das: Sie können die Wassermengen von einem „zweijährigen Regen“ ableiten. Damit entspricht das Kanalnetz den offiziellen Vorschriften.
Sanierung und Ausbau des Kanalnetzes
Regelmäßig stellt die Stadt Erkelenz die sogenannte Generalentwässerungsplanung (GEP) neu auf. Sie dient als Rahmen für zukünftige Ausbauplanungen und Sanierungsmaßnahmen im Abwassernetz. Eine GEP berücksichtigt nicht nur den aktuellen Zustand des Entwässerungssystems, sondern auch zukünftige Entwicklungen und Anforderungen, wie zum Beispiel durch den Klimawandel bedingte Starkregenereignisse oder Siedlungserweiterungen.
Der Generalentwässerungsplan der Stadt Erkelenz wurde im Juni 2025 neu aufgestellt. Dabei wird nunmehr das Ziel definiert, dass es nicht mehr als alle 3 Jahre zu einer Überlastung des Kanalnetzes durch Regenereignisse und somit zu Überstauungen kommt. Darauf aufbauend werden Sanierungsbedarfe und Prioritäten definiert, die in die Sanierungsplanung einfließen wird.
Grenzen des Kanalnetzes
Die Wassermengen von eher seltenen und punktuell auftretenden Starkregen-Ereignissen überschreiten auch die neuen Bemessungsgrenzen der Kanalnetze, sodass es durch Rückstau in den Kanälen zu Überschwemmungen an der Oberfläche kommen kann. Um dies wirksam zu verhindern, wäre ein weit überdimensionierter Ausbau der Kanalisation des gesamten Stadtgebietes erforderlich, der weder vom Aufwand her vertretbar noch wirtschaftlich tragbar wäre.
Zudem führen Starkregenereignisse auch unabhängig von der Kanalisation durch oberflächige Wasserverläufe zu Überflutungen.
Eine vollständige Umsetzung der Maßnahmen aus dem aktuellen Generalentwässerungsplan schützt nicht vor Starkregenereignissen, sondern mildert diese lediglich ab.
Maßnahmen
Für die Stadt Erkelenz sind die erstellten Gefahrenkarten die Grundlage für die Planung und Umsetzung von baulichen Schutzmaßnahmen. Jedoch sind insbesondere die Bevölkerung, Unternehmen sowie landwirtschaftliche Betriebe dazu aufgerufen, ihren privaten Besitz durch Vorsorgemaßnahmen zu schützen.
Kommunale Schutzmaßnahmen zur Starkregenvorsorge
Durch geeignete Vorsorgemaßnahmen im öffentlichen, aber auch privaten Bereich, kann das Schadenspotenzial bzw. das Gefährdungsrisiko verringert werden. Dazu ist es wichtig, diejenigen Bereiche zu identifizieren, in denen zukünftig zunehmende Belastungen durch Starkregen zu erwarten sind. So gibt es beispielsweise im Stadtgebiet an mehreren Stellen besondere Risiken durch Überflutungen. Dies betrifft vor allem Orte, die sich in Senken oder an Gewässern befinden wie beispielsweise Lövenich, Golkrath oder Keyenberg - alt.
Maßnahmen können sein, durch Anpassungen in der Kanalisation, Schaffung von Rückhalteflächen oder Ausbau von Fließen anfallenden Regenmengen mehr Raum zu geben. Weiter muss die künftige Siedlungsentwicklung potentielle Gefahrenbereiche berücksichtigen bzw. meiden. Wichtig ist es weiter, Aufklärung zu leisten und die Bevölkerung über Risiken und mögliche Schutzmaßnahmen zu informieren, um das Bewusstsein zu stärken und Eigenvorsorge zu fördern. Schließlich kann über Frühwarnsysteme sichergestellt werden, dass betroffene Bürger rechtzeitig vor möglichen Starkregenereignissen gewarnt werden, damit sie sich schützen können.
Wie können sich Betroffene selber schützen?
Alle können einen Beitrag zum Hochwasserschutz leisten. Häufig gibt es keine Vorwarnzeit, da jedes aufziehende Unwetter Potential für Überflutungen liefert und sich Extremwetterereignisse mitunter sogar lokal erst bilden. Dann kann nicht einmal eine Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes rechtzeitig herausgegeben werden. Daher ist es umso wichtiger, dass private Vorsorge wie etwa der Schutz der eigenen Häuser und Wohnungen auf jeden Fall funktioniert.
Schutz vor Rückstau aus dem Kanal
Jeder Niederschlag führt zu einem Anstieg des Wasserspiegels im Kanal. Dies ist ein normaler Betriebszustand und keine Störung. Mitunter erreicht der Abwasserspiegel im Kanal die Anschlüsse der privaten Entwässerung und es kommt zum Rückstau im Hausanschluss. Die Folge könnte der Austritt von Abwasser im Gebäude sein, zum Beispiel über Bodenabläufe und Sanitäreinrichtungen, besonders - aber nicht nur - im Kellergeschoss. Mit Hilfe einer Rückstausicherung im Haus kann dies relativ einfach verhindert werden. Wichtig ist, dass alle Entwässerungen korrekt in das System eingebunden sind und die Rückstauklappen regelmäßig gewartet werden.
Bauliche Schutzmaßnahmen
Zwar sind besonders Gebäude, die sich in Überschwemmungsgebieten, Senken oder ähnlich exponierten Lagen befinden, gefährdet und durch weitergehende Schutzmaßnahmen zu sichern, bei entsprechender Regenintensität kann es aber jedes Gebäude treffen, selbst auf einer Anhöhe. Oft ist es hilfreich, etwa Schwellen an Eingängen vorzusehen, Kellerlichtschächte zu ummauern, Kellerfenster wasserdicht mit Druckverschluss auszubilden, druckdicht verschließbare Eingangstüren vorzusehen oder Einfahrten in Tiefgaragen mit einer Schwelle zu sichern.
Gefährdete Räume
Liegen Räume unter der Rückstauebene (meist Straßenoberkante)? Kann dort auf hochwertige Nutzung verzichtet werden? Hier ist sicherzustellen, dass keine empfindlichen oder wertvollen Gegenstände gelagert werden.
Starkregen-Risikomanagment: gemeinsam mit Ihnen!
Infolge der zu beobachtenden Auswirkungen des Klimawandels ist in Zukunft immer häufiger mit immer intensiveren Starkregenereignissen zu rechnen. Das kommunale Starkregenrisikomanagement ist dazu ein wichtiger Schritt, um die Folgen von Starkregen auch in Erkelenz zu verringern. Durch eine gute Planung, technische Maßnahmen und die aktive Beteiligung der Bürgerschaft kann die Sicherheit in der Stadt Erkelenz verbessert werden.
Aufgrund der oben beschrieben Ausgangslage kann die Stadt Erkelenz einen umfassenden und wirksamen Schutz gegen Starkregenereignisse jedoch nicht leisten. Umso wichtiger ist es daher, die Bevölkerung über Risiken und mögliche Schutzmaßnahmen zu informieren, um das Bewusstsein zu stärken und eine Eigenvorsorge zu fördern. Dazu dienen vor allem die Karten, in denen Fließwege, überflutungsgefährdete Bereiche und maximale Wasserstände dargestellt werden und so für Gefährdungen sensibilisieren.
Letztlich bleibt es jedoch in der Verantwortung jeder einzelnen Person, vor allem in potentiell besonders betroffenen Bereichen, sich vorzubereiten und Schutzmaßnahmen zu treffen, die die Auswirkungen von Starkregenereignissen zumindest abmildern, um größere Schäden zu vermeiden.